THOMAE-Gastbeitrag: EU braucht Gesamtkonzept für ihre Flüchtlingspolitik
Die Zustände an der griechisch-türkischen Grenze sind dramatisch. Sie führen uns vor Augen, dass Europa beim Grenzschutz immer noch von anderen abhängig ist. Das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen hat Zeit verschafft, die nicht genutzt wurde. Die EU braucht ein Gesamtkonzept für ihre Flüchtlingspolitik und muss mit einer Stimme sprechen. Einen erneuten Kontrollverlust wie 2015 und nationale Alleingänge darf es nicht geben. Europa darf sich vom türkischen Präsidenten Erdogan nicht erpressen lassen und sein Verhalten deshalb nicht belohnen.
Sollte er allerdings die Eskalationsspirale anhalten, könnte ihm eine Weiterentwicklung des Flüchtlingsabkommens in Aussicht gestellt werden. Gleichzeitig muss Frontex gestärkt werden, damit die EU selbst ihre Außengrenzen ausreichend schützen kann. Die EU hat Griechenland zu lange allein gelassen und muss jetzt helfen, geordnete Verhältnisse wiederherzustellen. Die Aussetzung von Asylverfahren erscheint zwar naheliegend, ist aber völkerrechtlich mehr als fragwürdig. Zudem müssen die katastrophalen Zustände bei der Versorgung der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln beseitigt werden. Hier können Deutschland und die EU helfen. Griechenland muss diese Hilfe aber auch annehmen. Kontingentlösungen mit willkürlichen Zahlen, wie sie die Grünen fordern, senden hingegen ein völlig falsches Signal und ermutigen Erdogan nur dazu, weitere Menschen als politisches Druckmittel einzusetzen.